Beine eines Wanderers, der über unebenes Gelände läuft
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Endlich wieder schmerzfrei wandern

Wandern ist etwas Wunderbares: Sich in der Natur bewegen, frische Luft einatmen und mit jedem Schritt mehr herunterkommen vom Alltagsstress. Doch was tun, wenn der Körper immer wieder schmerzt?

Der begeisterte Wanderer und Autor Marwin Isenberg hat gerade sein neues Buch "Endlich wieder schmerzfrei wandern" herausgebracht, mit fundierten fachlichen Informationen und vielen Übungen. Wir haben uns mit dem ausgebildeten Sportwissenschaftler, Reha- und Fitnesstrainer unterhalten.

Wie entstand die Idee, gerade über das Thema schmerzfreies Wandern zu schreiben?

Kennen Sie den Satz „Wenn selbst das Wandern nicht mehr geht…“, gefolgt von einem resignativen Seufzer? Diesen Satz höre ich immer wieder und das hat mich getriggert. Wandern ist mehr als Spazierengehen und natürlich ein Sport, doch in der Wanderwelt ist Fitness überraschend selten ein Thema. Man läuft halt einfach los. Kommt es dann zu Beschwerden, versuchen die meisten zunächst, ihre Ausrüstung zu optimieren: neue Schuhe, neuer Rucksack, Wanderstöcke. Die wenigsten stellen jedoch ihre Bewegungsmuster in Frage oder trainieren die Körperpartien, die ihnen Probleme machen. Deshalb dieses Buch – mit vielen Übungen für die typischen Problemzonen, die sich beim Wandern bemerkbar machen können. 

Also ist das Buch nicht nur ein Buch für Wanderer, die bereits Schmerzen haben?

Mitnichten. Schließlich geht es nicht nur um Rehabilitation, sondern vor allem um Prävention: Wir können vorbeugend trainieren, um erst gar keine Schmerzen zu bekommen. Oder um Schwachstellen, die wir kennen, abzumildern und so die Gefahr zu verringern, uns beim Wandern zu verletzen. Oder um uns gezielt auf einen Wanderurlaub vorzubereiten, zum Beispiel in den Alpen mit herausfordernden An- und Abstiegen. 

Welche Körperpartien melden sich denn besonders gerne mit Schmerzen?

Knie, Rücken, Hüften, Schultern, Nacken und Füße — und genau für diese Körperzonen habe ich spezielle Übungen entwickelt. Im Buch sind die Übungen sehr detailliert beschrieben, weil es mir auf die richtige Ausführung ankommt, damit das Training wirklich anschlägt und sich die Bewegungsmuster verändern, die den Schmerz auslösen. Und das bedeutet: sauber üben und am Ball bleiben, weil sich Erfolge nicht von heute auf morgen einstellen. Meine Erfahrung zeigt, dass nach etwa vier Wochen erste Veränderungen spürbar sind. Um das Bewegungsmuster dauerhaft zu verändern, muss man noch mehr Zeit investieren — 12 Wochen und manchmal mehr. Doch es lohnt sich.

Wander-Experte Marwin Isenberg mit Hund beim Wandern
Meine Erfahrung zeigt, dass nach etwa vier Wochen erste Veränderungen spürbar sind. Um das Bewegungsmuster dauerhaft zu verändern, muss man noch mehr Zeit investieren.
Daher kommen also die beiden Trainingsprogramme, die im Buch zu finden sind?

Genau. Das Vier-Wochen-Training ist für alle, die kurzfristig fitter sein möchten, zum Beispiel, weil der langersehnte Bergurlaub vor der Tür steht. Das 12-Wochen-Training hilft, neue Bewegungsmuster aufzubauen und zu verinnerlichen. Wobei es natürlich manchmal auch länger dauern kann. Das hängt von der Fitness und vom Alter ab. Und es geht in dieser Zeit nicht nur bergauf, sondern es kann auch Rückschläge geben. Die Muskulatur braucht Zeit, sich anzupassen, also die gewohnte Muskelspannung aufzugeben und neue Muster zu erlernen.

Können Sie uns eine oder zwei Übungen nennen, die für Wanderer besonders sinnvoll sind?

Bei längeren Wanderungen verspannt sich gerne der untere Rücken. Eine einfache und sehr effektive Pausenübung sind hier die sogenannten „Jefferson Curls“. Wer zum Beispiel durch das Tragen des Rucksacks eher im oberen Rücken Probleme hat, kann bei einer Rast das Y-Armheben ausprobieren. Diese Übung entspannt wunderbar den Schulter-Nackenbereich.

Apropos Schmerzen: Was sollten Wanderer hier beachten?

Es ist wichtig, Schmerzen richtig einordnen zu können. Wenn der Schmerz sticht und elektrisiert und das auch im Ruhezustand, ist das ein ernst zu nehmendes Warnsignal. Manchmal lösen jedoch bestimmte Bewegungen einen Schmerz als Warnsignal aus, zum Beispiel beim Bergabgehen im Knie. Dann ist es hilfreich auszuprobieren, ob es hilft, etwas anders zu gehen, also das Bewegungsmuster und die Bewegungsabläufe zu verändern. Das kann oft helfen. Und genau darauf zielt das Training ab.

Könnten Wanderstöcke hier nicht eine Alternative sein?

Durchaus. Doch die Ausrüstung sollte meines Erachtens nur eine nachgeordnete Bedeutung haben. An erster Stelle sollten wir uns selbst helfen, also ein konsequentes Muskel- und Bewegungstraining machen, um Schmerzen vorzubeugen oder sie los zu werden. Dafür gibt es die Übungen in den Fokusprogrammen. Ziel sollte sein, den Körper besser kennenzulernen, die einzelnen Muskelpartien, Sehnen und Bänder zu spüren und gezielt ansteuern zu können. Wer die Übungen einfach „herunterarbeitet“, ohne auf Genauigkeit Wert zu legen, wird von den Übungen leider wenig profitieren.

Buchcover "Endlich wieder schmerzfrei wandern" von Marwin Isenberg
In seinem neuen Buch (Becker Joest Volk Verlag) stellt Marwin Isenberg sein erfolgreiches Aufbauprogramm für Knie, Rücken, Hüfte, Schultern, Nacken und Füße vor.
Wann kommt die Ausrüstung ins Spiel?

Wer nach einem vierwöchigen Training keine Veränderung zum Besseren verspürt, kann versuchen, die Ausrüstung zu verändern. Bei Schulter- und Nackenproblemen kann es zum Beispiel helfen, den Rucksack besser einzustellen. Ist das nicht möglich, kann es helfen, einen neuen Rucksack anzuschaffen. Bei Schmerzen im Fuß sind andere Wanderschuhe und Wandersocken eine Option, damit nichts drückt. Auch hierzu gibt es Tipps in meinem Buch. Unabdingbar ist hier die persönliche Beratung in einem Fachgeschäft. Außerdem kann man sich individuell von einem Facharzt, Physiotherapeuten oder Sportwissenschaftler helfen lassen, zum Beispiel mit einem Personal Training. Einfach mit dem Wandern aufhören, ist also keine Option. 

Zurück zu Ihrem Buch: Wo empfehlen Sie zu trainieren: eher drinnen oder draußen? Sie bieten ja Übungen für beides an.

Mit dem Training beginnen sollte man definitiv drinnen. Hier ist der Boden eben, man kann sich festhalten – beste Voraussetzungen also, um den Körper mit den Fokusprogrammen muskulär vorzubereiten. Erst wenn man die neuen Bewegungsabläufe beherrscht, geht es nach draußen. Die Übungen, die ich hierfür in dem Buch beschreibe, sollen Sicherheit und Vertrauen in die neuen Bewegungsabläufe vermitteln und das Selbstbewusstsein stärken. 

Wann empfehlen Sie ein persönliches Training?

Beispielsweise wenn mehrere Einschränkungen vorliegen, die so individuell sind, dass sie mit den Übungen im Buch nicht in den Griff zu bekommen sind. Ich biete zum Beispiel Personal-Trainings in meinem Studio am Felsenmeer im Sauerland an, außerdem individuelle Online-Trainings. Manchmal helfen auch die Workshops, die ich zu speziellen Themen anbiete oder von mir geführte Wanderungen mit Übungen. Ein Besuch im Sauerland lässt sich übrigens gut mit einem Wanderurlaub verbinden. 

Marwin Isenberg
Marwin Isenberg

Marwin Isenberg studierte Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Prävention und Rehabilitation an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2019 arbeitet er als selbstständiger Personal Trainer und Coach in seinem Studio am Felsenmeer am Sauerlandpark Hemer und ist auch als Autor tätig. 

Foto: Justyna Schwertner

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Faszien durchziehen unseren Körper wie ein Netz. Es umfasst das Bindegewebe, Sehnen, Bänder und jeden Muskel.

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